Die Spur der Tempelräuber

Die Spur der Tempelräuber

Wie kommt eine der berühmtesten Statuen Kambodschas in den Auktionskatalog von Sotheby`s ? ARTE geht auf eine investigative Spurensuche in fast vergessenen Dschungel-Tempeln und auf dem verschwiegenen internationalen Antiquitätenmarkt. Autor Wolfgang Luck erzählt die Geschichte eines spektakulären Kunstraubs.

1972 wurde im Chaos dem kambodschanischen Bürgerkriegs im Tempel von Koh Ker eine lebensgroße Sandsteinstatue vom Sockel geholt. Ein Abbild von Prinz Duryodhana, einem Helden aus dem Hindu-Epos Mahabharata. Die Statue gehörte zu einer neunköpfigen weltberühmten Figuren-Gruppe – einem Meisterwerk der Khmer-Kultur des 1oten Jahrhunderts. Die komplette Gruppe wurde geplündert – wie sich jetzt herausstellt offenbar im Auftrag eines internationalen Schmuggelnetzwerks.
So sieht das zumindest die New Yorker Staatsanwaltschaft, die sich intensiv mit dem Fall beschäftigt, seit die UNESCO darauf hingewiesen hat, dass in New York offenbar Raubgut unter den Hammer kommen soll. Sotheby`s präsentierte die gestohlene Statue auf der Titelseite seines Auktionskataloges und erhoffte sich einen Versteigerungserlös von zwei bis drei Millionen Dollar. Doch die US-Justiz stoppt den Deal vorläufig und leitet ein Verfahren ein, das Museen und Auktionshäuser weltweit in Aufruhr versetzt. Der New Yorker Sonderermittler James T. Hayes sammelt Beweise, die die Rückgabe an Kambodscha ermöglichen sollen. Im Film erzählt er von einem weltweit operierenden Schwarzmarkt für gestohlene Antiquitäten. In den Ermittlungsakten sind interne e-mails aufgelistet, die belegen, dass Sotheby`s wusste, dass es sich um eine gestohlene Statue handelt, sie aber trotzdem in den Katalog nahm.
Autor Wolfgang Luck interviewt den Anwalt von Sotheby`s und hört eine abenteuerliche juristische Argumentation. Wegen unklarer französischer Kolonialerlasse aus den 20er Jahren des 19ten Jahrhunderts könne Kambodscha nicht bewiesen, dass es jemals Besitzer seiner eigenen Tempelstatuen war. Das ARTE-Team recherchiert gemeinsam mit der amerikanischen Kunstanwältin Tess Davis im Nationalarchiv von Phnom Penh und stößt auf einen historischen Kriminalfall, der das Gegenteil belegt. Der Schriftsteller André Malraux wurde vor knapp 100 Jahren wegen Tempelraubs zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte damals genauso argumentiert wie Sotheby`s heute. Malraux wurde pikanterweise später erster französischer Kulturminister.
Autor Luck zeichnet den Weg der gestohlenen Statue präzise nach und legt dabei die Strukturen der internationalen Schmuggelnetzwerke offen. Es gelingt im sogar in Bangkok den Kunstsammler Douglas Latchford vor die Kamera zu bekommen, der in den Gerichtsakten als einer der mutmaßlichen Hintermänner beschrieben wird. Latchford streitet jede Verwicklung in den Fall ab, sagt aber: „In den 50er und 60er Jahren hat sich keiner um die legale Herkunft von Statuen gekümmert“. In den 70ern aber, als die Sotheby`s Statue geplündert wurde, habe er nur Kunstgegenstände erworben, die in Fachliteratur als legal gelistet waren. Die Darstellung der US-Justiz, er sei Teil eines Schmuggelnetzwerks gewesen, streitet der 82-jährige Brite vehement ab: „Die haben zu viele Indiana Jones-Filme gesehen. Es gibt kein Schmuggelnetzwerk“.

Die Spur der Tempelraeuber

Während das ARTE-Team recherchiert, nimmt der Fall unerwartete Dimensionen an. In vier US-Museen werden Khmer-Statuen identifiziert, die offenbar ebenfalls aus der Tempelplünderung in Koh Ker stammen. Selbst das renommierte Metropolitan in New York ist betroffen. Dem Team gelingt es die geplünderten Statuen dort zu filmen und der Kurator der Südostasienabteilung macht im ARTE-Interview eine folgenreiche Aussage: Man sehe ein, dass sich die Regeln für Kunstsammlungen über die Jahrzehnte geändert hätten und halte sich jetzt in allem was man tue, an die UNESCO-Konvention zum Schutz von Kulturgütern. Wenig später gibt’s das Metropolitan seine beiden geraubten Koh Ker-Statuen tatsächlich an Kambodscha zurück und löst damit eine ganze Welle spektakulärer weiterer Rückgaben aus. Und auch die geplante Sotheby`s-Auktion platzt. Der Film bekommt ein unerwartetes Happy End – gleich fünf der geraubten Tempel-Meisterwerke kehren heim. Ein historischer Sieg für Kambodscha und ein weltweiter Präzedenzfall für die Rückgabe geraubter Kulturgüter.

Neun internationale Preise für „Die Spur der Tempelräuber

Wolfgang Lucks investigative Dokumentation über Kunstraub in Kambodscha und die dubiosen Geschäfte von Auktionshäusern und Museen hat auf Filmfestivals in Deutschland, Frankreich, Kroatien, Griechenland und jetzt auch in den USA insgesamt neun Filmpreise gewonnen.

Auf dem Arkhaios Filmfestival in Pittsburgh, USA:

  • den ersten Preis für – den besten Film über bedrohte Kulturschätze
  • und den zweiten Publikumspreis

Zwei weitere Preise gab es auf Internationalen Archäologie-Filmfestival in Oregon, USA:

  • den Publikumspreis
  • und eine lobende Erwähnung der Jury für die Erzählweise.

Zuvor hatte der Film bereits den Publikumspreis auf dem internationalen Filmfestival “Ärchaomediale” in Brandenburg gewonnen. Und auf dem Festival International du Film d`archéologie in Nyon hat den Jury die “Tempelräuber” als besten Film über bedrohte Kulturschätze ausgezeichnet.
Eine lobende Erwähnung für das beste Drehbuch gab es beim internationalen AGON-Festival in Athen. Auf dem Archäologiefilmfestival in Split wurde uns der zweite Preis der Jury überreicht. Und den Spezialpreis „Bedrohte Kulturschätze“ gab es beim Icronos-Festival in Bordeaux.
Wir freuen uns und danken sehr herzlich !

 

Ein Film von Wolfgang Luck
Kamera: Christian Eichenauer
Schnitt: Karl-Heinz Satzger
Redaktion: Eva Witte, SWR/ARTE
Produktion: luckfilm
Jahr: 2014
Interested in the english version „The Stolen Warriors“ ?
Please contact: luck@luckfilm.de